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RP-Bericht: Der besondere Blick durch das Objektiv

Sieger beim 1. virtuellen Fotomarathon

Der erste Schnappschuss kam von der Heinrich-Heine-Straße in Kempen. Dort wollte er eigentlich das Leben und die Vergänglichkeit (es gab dort viele Jahre ein Bestattungsinstitut) aufnehmen. Aber das Unternehmen gab es nicht mehr. Dennoch hielt er drauf, bekam das Leben und die Ruhe dort mit. Die anderen Bilder machte er im offenen Vorraum der Kempener Propsteikirche. Von Menschen, die dort beteten oder sich in Gedanken an irgendetwas erinnerten. Hier drückte er – von ihnen meist unbemerkt – auf den Auslöser. Ihre Mimik und ihre Gedanken bleiben ein Geheimnis, lassen nur Rückschlüsse erahnen.



Stadt Kempen. Thomas Füngerlings fotografiert seit Jahren aus Leidenschaft, am liebsten Menschen, wenn sie sich unbeobachtet fühlen. Jetzt war der Kempener bei einem Foto-Wettbewerb in Düsseldorf sehr erfolgreich. 

 

Seine geräuschlose Kamera Olympus OM-D und das iPhone hat Thomas Füngerlings immer dabei. Der 52-jährige Kempener – Werbeleiter in einem Kölner Verlag – fotografiert bei jeder Gelegenheit. Meist dann, wenn die Person, die zum Beispiel gerade in einem Kempener Café sitzt oder durch die Altstadt bummelt, davon gar nichts mitbekommt.

 

Jetzt sind namhafte Fotokünstler und Professoren auf den Hobbyfotografen aus der Thomasstadt aufmerksam geworden. Ihn setzten nämlich die Juroren bei einem digitalen Fotowettbewerb, der anlässlich der fünften Auflage des „Photo Weekends“ kürzlich in Düsseldorf stattfand, auf den ersten Platz. Mehr als 110 Bildreporter hatten sich daran beteiligt.

 

Aber der Reihe nach. „Wie viele andere auch habe ich früher viel geknipst, so bei Urlaubsreisen oder Familienfeiern“, erzählt der gebürtige Hülser schmunzelnd. Aber schon damals wollte er nicht nur die vor ihm Posenden aufnehmen, sondern das Minenspiel der Menschen authentisch wiedergeben: „Sie sollten es nicht merken, dass da einer mit der Kamera vor ihnen steht.“

 

Um diese Technik zu verbessern, lernte er bei seiner spontanen Dubai-Reise im Februar 2014 bei einer großen Foto-Messe den bekannten amerikanischen Fotografen Zack Arias kennen und schätzen. Von seiner Lässigkeit und Natürlichkeit war Füngerlings fasziniert. Und Zack Arias gab ihm Tipps für den Auftritt auf der Straße. Einfach sich anpirschen und losknipsen. Oder mit dem Gegenüber in ein lockeres Gespräch zu kommen und dabei plötzlich auf den Auslöser drücken. Die Choreographie muss passen, egal ob man die Menschen von unten oder in gleicher Höhe aufnimmt. „Eigentlich habe ich immer gerne auf der Straße fotografiert, aber der Name Streetfotografie war mir bis dahin nicht so geläufig“, sagt Füngerlings.

 

Im Netz tauscht er sich weiterhin in einer Community mit Gleichgesinnten aus. Und im Dezember 2015 erfuhr er von diesem virtuellen Fotomarathon anlässlich des Photo-Weekends in Düsseldorf. Er meldete sich spontan an und hatte am 16. Januar exakt sechs Stunden Zeit passend zum Thema seine digitale Serie mit fünf Bildern zum Veranstalter zu schicken.

 

Jedenfalls konnte es Thomas Füngerlings nicht fassen, als er im Internet im Programmheft des Photo Weekends erfuhr, dass er auf den ersten Platz gekommen war. Kurze Zeit später rief ihn dann der Veranstalter an. Seine fünf Bilder wurden während des Photo-Weekends vom 12. bis 14. Februar auf großen Stellflächen in der Größe von jeweils eineinhalb mal einen Meter auf dem Düsseldorfer Schadowplatz der Öffentlichkeit präsentiert.

 

Der Fotograf geht weiter mit seiner Olympus OM-D auf „Tournee“. Als Preis hat er beim Wettbewerb eine Reise in eine europäische Metropole gewonnen, verbunden mit einem exklusiven Museumsbesuch. Und was Thomas Füngerlings gerne mal machen möchte, natürlich unbemerkt von denen, um die es geht: „Möglichst viele Kempener Persönlichkeiten einmal ohne jede Pose, sondern echt zu erwischen.“

 

Heine-Zitat war Vorgabe für die Fotografen

Der in Düsseldorf geborene Heinrich Heine (1797 bis 1856) lebte viele Jahre im Exil. In seinen Gedichten beschäftigte er sich oft mit seiner Sehnsucht nach Heimat, mit dem Leben und mit dem Tod. Das war sein Zitat und zugleich das Thema, das die Fotografen zum Photo Weekend in Düsseldorf entsprechend in Bildern umsetzen sollten: „Ist das Leben des Individuums nicht vielleicht eben so viel wert wie das des ganzen Geschlechtes? Denn jeder einzelne Mensch ist schon eine Welt, die mit ihm geboren wird und mit ihm stirbt, unter jedem Grabstein liegt eine Weltgeschichte.“

 

Die Jury bestand unter anderem aus Fotokünstlern und Professoren: Ihr Urteil bei der Fünfer-Serie des Kempeners Thomas Füngerlings: „Er hat sich dem Thema angenähert und es sehr empfindsam umgesetzt. Thomas Füngerlings hat eine greifbare Geschichte erzählt, die geheimnisvoll wirkte und viele Fragen und Interpretationen offen ließ.“

 

Natürlich ist Thomas Füngerlings stolz auf den ersten Platz. Hier der Link zu seiner Webseite: thomas-fuengerlings.de

 

Quelle: Rheinische Post vom 18.2.2016, Beitrag von Willi Schöfer


Heine-Zitat war Vorgabe für die Fotografen

Der in Düsseldorf geborene Heinrich Heine (1797 bis 1856) lebte viele Jahre im Exil. In seinen Gedichten beschäftigte er sich oft mit seiner Sehnsucht nach Heimat, mit dem Leben und mit dem Tod. Das war sein Zitat und zugleich das Thema, das die Fotografen zum Photo Weekend in Düsseldorf entsprechend in Bildern umsetzen sollten: „Ist das Leben des Individuums nicht vielleicht eben so viel wert wie das des ganzen Geschlechtes? Denn jeder einzelne Mensch ist schon eine Welt, die mit ihm geboren wird und mit ihm stirbt, unter jedem Grabstein liegt eine Weltgeschichte.“